Kontakt

Aug 14, 2020

"Hiroshima und Nagasaki mahnen - Für das UN-Atomwaffenverbot"


Seit dem 6. August 2020 stehen bundesweit ca. 300 Plakatwände und seit heute in Osnabrück 4 Plakatwände "Hiroshima und Nagasaki mahnen - Für das UN-Atomwaffenverbot", die von der Osnabrücker Friedensinitiative (OFRI), Pax Christi im Bistum Osnabrück, die Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte Kriegsdienstverweigerer, attac sowie der Grünen-Kreistagsabgeordneten Felizitas Exner initiiert wurden.

Solche Plakatwände wie hier sind aus mehreren Gründen notwendig. Zunehmend trifft man bei Aktionen Menschen, meistens jüngere Personen, die mit den Namen von Hiroshima und Nagasaki kaum noch etwas bzw. sogar nichts mehr anfangen können.

Erstellt von: Afemann

In diesen Tagen gedenken Menschen weltweit der Opfer von Hiroshima und Nagasaki. Vor 75 Jahren wurden am 6. August auf Hiroshima und am 9. August 1945 auf Nagasaki die ersten Atombomben abgeworfen. Knapp 100.000 Menschen verdampften und verbrannten in den Explosionen. Bis zum Jahresende waren mehr als 200.000 Menschen gestorben. Bis heute leiden noch Überlebende an den Spätfolgen der ersten Einsätze von nuklearen Bomben. Das Erinnern an diese Verbrechen gegen die Menschlichkeit hat eine klare Botschaft: Nie wieder!

Atomwaffen sind Massenvernichtungswaffen und nichts anderes. Auch wenn aktuell versucht wird, sie zu verkleinern, verbal zu verniedlichen als "Gefechtsfeldwaffen", "Mini-Nukes" o.ä. - Massenvernichtungswaffen gehören verboten, so wie chemische und biologische Kampfstoffe es schon sind.

UN-Verbotsvertrag:

Seit 1970 gibt es einen "Nichtverbreitungsvertrag" oder auch "Atomwaffensperrvertrag". Hiermit sollte die Weiterverbreitung von Kernwaffen verhindert werden und die damaligen Atomwaffenbesitzer sollten ernsthafte Schritte zur Beseitigung ihrer Kernwaffen unternehmen.  Beides ist nicht geschehen. Immer mehr Staaten und Militärs - teilweise sogar in und für die EU - setzen auf atomare Bewaffnung. Auch heute noch bedrohen mehr als 13.000 Nuklearwaffen unsere Sicherheit und reichen immer noch zur mehrfachen Zerstörung unserer Erde aus. Auf Grund dieser Situation ist ausgehend von einer zivilgesellschaftlichen Initiative und mit Unterstützung weniger kleiner Staaten ein neuer UN-Prozess in Gang gebracht worden zur weltweiten Ächtung von Atomwaffen. Der ausgehandelte Vertrag verbietet die Entwicklung und Produktion, den Test, Erwerb, Transport, die Lagerung und Stationierung sowie den Einsatz und die Drohung mit Atomwaffen. Deutschland hat sich in hochgradig peinlicher und völlig inakzeptabler Weise gegen die Verhandlungen gestellt und gegen den Vertrag gestimmt. Erstmalig hat Deutschland gezielt gegen einen Vertrag zur Begrenzung von Massenvernichtungswaffen im Schulterschluss bzw. im Rahmen einer Nato-Waffenbrüderschaft mit den Atommächten gearbeitet. Trotzdem ist dieser Atomwaffenverbotsvertrag in der UN beschlossen worden und die Initiatoren (ICAN) haben 2017 den Friedensnobelpreis erhalten.

In Osnabrück haben sich im Dezember 2017 Bürgerinnen und Bürger zusammengetan und im „Osnabrücker Signal“ den Rat der Friedensstadt Osnabrück aufgefordert, er solle sich bei der Bundesregierung für einen Beitritt zum Atomwaffenverbotsvertrag stark machen. Nach etlichen Querelen im Rat ist es zu dem Beschluss gekommen. Die Friedensstadt Osnabrück fordert die Bundesregierung auf, dem Atomwaffenverbotsvertrag beizutreten und darauf hinzuwirken, dass keine Atomwaffen auf deutschem Boden gelagert werden. Mittlerweile haben 101 Städte, Landkreise und Regionen sowie 4 Bundesländer ähnliche Beschlüsse gefällt. Wir fordern gemeinsam: Die Bundesrepublik Deutschland muss dem Vertrag zum weltweiten Verbot von Atomwaffen endlich beitreten und auch auf deutschem Boden konkrete Schritte zu seiner Umsetzung durchführen.

Büchel:

75 Jahre sind zwar lange her und Japan ist weit weg. Aber amerikanische Atombomben lagern vor unserer Haustür im rheinland-pfälzischen Büchel. Jede dieser Bomben hat etwa die 10-fache Sprengkraft der Bombe, die vor 75 Jahren auf Hiroshima abgeworfen wurde. Deutsche Piloten der Bundeswehr trainieren im Rahmen der nuklearen Teilhabe Deutschlands in der Nato mit in Büchel stationierten Bundeswehr-Tornados den Abwurf dieser Bomben. Da mittlerweile die Tornado-Flugzeuge veraltet sind, stehen milliardenschwere Anschaffungen für die entsprechenden atomwaffentauglichen Nachfolgemaschinen an. Weiterhin sollen die Atombomben in den USA "modernisiert" werden. Die Bomben erhalten hierdurch völlig neue Einsatzqualitäten und entwickeln sich hin zu differenziert einsatzfähigen Lenkwaffen.

Wir haben in Deutschland eine historische Verpflichtung und die lautet: „Von deutschem Boden darf nie wieder Krieg ausgehen. Daher fordern wir den endgültigen Abzug aller Atomwaffen aus Büchel und deren Verschrottung in den USA. Eine Verlagerung in andere Länder oder militärische Standorte kann nicht das Ziel sein. Wir wollen eine atomwaffenfreie Welt und nicht nur den Abzug der Atombomben aus Deutschland.  Das beinhaltet auch den Verzicht auf die Anschaffung neuer Kampfflugzeuge für den Einsatz von Atomwaffen und damit ein Ende der "Nuklearen Teilhabe" Deutschlands im Rahmen der Nato.

Erosion der Vertragssysteme:

In der Zeit des "Kalten Krieges" entwickelte sich zwischen den beiden mächtigen Militärblöcken eine militärische Hochrüstung mit explodierende Rüstungskosten. Die Aussicht auf einen gegenseitige nicht mehr beherrschbaren atomaren Schlagabtausch und sei es durch einen technischen Fehlalarm, menschliches Versagen oder ähnliches, führte aber auch zu der Einsicht, dass man ein System braucht, um diese Entwicklung einzuhegen. Hierdurch entstand ein System von Rüstungskontrollverträgen, vertrauensbildenden Maßnahmen und sogar Abrüstungsschritten. Im Verlauf der letzten Jahre sind diese Verträge und Ansätze jedoch systematisch unterminiert,  geschliffen und gekündigt worden. Seien es der ABM-Vertrag, der INF-Vertrag oder das Agreement für Inspektionsflüge (open sky) für vertrauensbildende Maßnahmen.  Mittlerweile stehen wir vor einem Scherbenhaufen und Desaster speziell im Bereich der Atomwaffen und zugehörigen militärischen Systeme sowie des gegenseitigen Vertrauens und notwendiger Kommunikationskanäle um Fehleinschätzungen abzufangen. Deutschland muss seine Energie in internationalen Organisationen wie aktuell der UN und der EU dazu einsetzen wieder Gesprächskanäle zu entwickeln, Ansätze von vertrauensbildenden Maßnahmen zu fördern und Schritte zur Rettung des letzten übriggebliebenen Vertrages zur Begrenzung der einsatzbereiten Atomsprengköpfe (New-START) anzustoßen.

Die Sicherheit in einer leider noch nuklearen Welt ist nur kooperativ und gemeinsam möglich. In einer Welt, in der aktuell eine Pandemie grassiert und weltweit speziell in den ärmsten Ländern und bei den verletzlichsten Menschen die meisten Opfer zu beklagen sind, können und wollen wir kein Geld mehr in atomare Rüstung investieren. Hierfür und nicht für Rüstung und Ausbau des Militärs muss Deutschland sein immer wieder beschworenes politisch-wirtschaftliches Gewicht einsetzen. "Hiroshima und Nagasaki mahnen"